Edle Kern und Befall

Vom Edlen Kern und dem Befall
Ein philosophischer Ansatz, der sich über meine Praxisjahre und Erfahrungen geformt hat.


Krankheit wird grundsätzlich aus zwei Quellen gespeist.
Beide existieren schon mindestens seit Anbeginn des Lebens auf dieser Erde.
Bereits die allerersten Lebewesen trugen diese beiden Bestrebungen bereits in sich.
Die erste Bestrebung des Lebens ist eine konservative: das Streben nach guten, stabilen und beständigen Lebensbedingungen.
Die zweite Bestrebung ist eine kreative: das Streben nach Entfaltung und Verwirklichung, dazu zählt auch die Anpassung an sich verändernde Umstände im Inneren und Äußeren.

Der Befall

Die erste Bestrebung ist die zentrale Aufgabe des Regulationssystems und des Stoffwechsels im Körper. Diese sorgen für die sogenannte Homöostase. Das ist der medizinische Begriff dafür, dass der Körper z.B. seine Temperatur in einem ganz engen Fenster von ca. 36°-38°C versucht zu halten egal ob es draußen -25° oder +40° hat.
Eigentlich alles was man auch im Blut oder Urin messen kann ist irgendwie reguliert auf ein Zielfenster. Sobald bestimmte Parameter diesen Zielbereich verlassen ist das ein Hinweis darauf, dass die Regulation nicht mehr ganz in der Lage ist stabile Bedingungen zu schaffen.
Im menschlichen Körper ist das ein unglaublich komplexer Vorgang, an dem fast alle Organsysteme mit beteiligt sind.
Bei den ersten Einzellern war das genau so, nur einfacher. Eine Zellmembran trennte das Meer vom Innen, und Teile dieser Membran transportierten das Natrium nach Außen ins Meer, und holte sich das Kalium ins Innere. Das tun heute auch noch alle menschlichen Zellen, nur dass das „Meer“ inzwischen der zwischenzellige Raum im Gewebe ist, der immer noch eine ähnliche Salzkonzentration hat wie das Meer aus dem alles Leben kommt.
Das Ziel ist also immer im Inneren der Zelle, … des Menschen, … der Familie, … der Gemeinschaft stabile und verlässliche Lebensbedingungen zu bekommen, die Schwankungen von Außen abfedern können.
Gelingt dieses nicht mehr ausreichend entsteht nacheinander Unwohlsein bis Krankheit, die auch bis zum Erliegen des Systems, dem Tod gehen kann.
Gelingt es die Ursache zu beseitigen, solange das System noch nicht bleibend geschädigt ist, regeneriert sich der Organismus wieder komplett. Die Medizin nennt das „Restitutio ad integrum“ die Wiederherstellung des Gesunden, wie es vor der Krankheit oder Verletzung war.

Mangel oder Übermaß aller Art kann die Regulation an Ihre Grenzen bringen. Große oder dauerhafte Hitze, Kälte Strahlung und Verletzungen könne das System schädigen. Genau so könne Gifte, Mikroben und Parasiten das Gleichgewicht der Regulation stören.
All das macht die normale Medizin aus. Gelingt es die Ursache abzustellen, oder unschädlich zu machen wird der Mensch wieder Gesund.
Alles von Tabletten, Tropfen und Infusionen über Gipsschiene, Diät und Kur bis zur Chirurgie und Chemotherapie ist auf diesen Teil der Krankheit ausgerichtet.

Das alles ist die erste Quelle, aus der sich Krankheit speist.
Ich nenne sie „Befall“.
Befall deswegen, weil es von außen kommt und dem Menschen befällt.
Wird man die Ursache wieder los, verzieht sich die Krankheit wie ein Nebel in der aufgehenden Sonne.

Der Edle Kern der Krankheit

Die zweite Quelle, aus der sich Krankheit spießt, ist die zweite Bestrebung des Lebens. Das Streben nach Entwicklung, Anpassung und Entfaltung.
Mit Anpassung ist hier nicht Konformitätsstreben gemeint, dieses gehört zu den erstgenannten konservativen Bestrebungen des Lebens.
Gemeint ist fast das Gegenteil: Das eigene Leben und den Alltag der eigenen Entwicklung und dem Bedarf kontinuierlich anpassen. Das kreative, schöpferische und die Entfaltung.
Entfaltung ist als Wort sehr schön, es drückt die bereits im inneren angelegen Eigenschaften und Talente aus, die sich entfalten wollen wie eine Blüte aus einer Knospe.

Natur und die Evolution sind voll davon. Die ganze Evolution an sich ist eine einzige Entfaltung des Lebens. Die Natur liebt es eine Idee bis zum Ende auszuformen. Schaut man sich nur die Paradiesvögel oder eine Passionsblume an.
Da kann man nicht mehr nur von „Biologischer Notwendigkeit“ oder einem „Genetischen Vorteil“ reden. Was der Falke in der Luft ist, ist der Pinguin im Wasser. Natürlich sind sie überlegen Jäger, doch der Natur gilt das Schöne so sehr wie das Nützliche.
Das ganze Leben wie wir es heute kennen ist eine Entfaltung, die sich in ca. 4 Milliarden von den ersten Zellen bis zur ganzen Vielfalt heute und dazwischen entwickelt hat. Wer die Evolution etwas studiert, und sich nicht zu sehr in Detail verliert, der wird dieses tiefe Bestreben zur Entwicklung und Entfaltung in der ganzen Natur finden.
Und dieses Bestreben zu Entfaltung ist genau so dem Menschen zueigen, ebenso wie er sich die Zellfunktion und Regulation mit allem Leben teilt.
Der zweite Quell aus dem sich Krankheit speist ist, wenn die Entwicklung und Entfaltung nicht genug zum Tragen kommen kann.
Ist dieses kreative streben im Menschen größer als es das konservative Streben zulässt wird der Mensch ganz ähnlich krank, wie wenn es ihm an Wasser, Brot und Wärme mangelt.
Diese Art des Krankheitsquells nenne ich den „Edlen Kern der Krankheit“ oder kurz den „Edlen Kern“.
Dieser unterscheidet sich ganz elementar vom Befall. Denn ein Edler Kern ist keine Ursache die man beseitigen oder unschädlich machen kann. Da hilft keine Infusion und keine Gipsschiene.
Der Edle Kern verfolgt ein Ziel, die Entfaltung und Entwicklung von dem was sich entwickeln will.
Ein Edler Kern kann nicht beseitigt werden.
Er kann von seiner Aufgabe erlöst werden. Das geschieht in dem Maße wie die Entwicklung und Entfaltung in den Themen vorangehen, aus denen der Edle Kern gewachsen ist.
Das ist der zweite Quell, aus dem sich Krankheit speist.
Ein weiterer Ausdruck dieses Unterschieds zum ersten Quell, dem Befall, ist die „Restitutio ad integrum“. Der Befall ist geheilt, wenn der Patient wieder so gesund ist wie er vor der Krankheit war.
Für den Edlen Kern Anteil der Krankheit ist dieses Ziel überhaupt nicht wünschenswert. Es geht hier um Entwicklung, darum dass es dem Menschen besser geht als je zuvor in seinem Leben. Wer den Edlen Kern einer Krankheit gefunden und diese Krankheit mit samt dem Edlen Kern durchlebt hat, der würde sich um nichts in der Welt wünschen, wieder da zu sein, wo er vor der Krankheit war.

Die Krankheit eines einzelnen Menschen speist sich immer aus diesen beiden Quellen. Manchmal ist es fast ausschließlich eine Befallserkrankung. Meist sind beide Teile relevant beteiligt, und teilweise dominiert auch der Edle Kern die Symptomatik.
In einer „allgemeinen Statistik“ wäre der Befallanteil mit Sicherheit ganz weit vorne. Man erkennt das rückblickend daran, wenn sich eine Krankheit mit den normalen Standard-Methoden von Schulmedizin und Naturheilkunde erwartungsgemäß gut behandeln ließ, und es zur erwünschten Restitutio ad integrum kam. Dann war es ein überwiegender Befall.
Doch all die Fälle, bei denen trotz guter Diagnostik und Therapie, die Erfolge deutlich hinter dem Erwarteten zurückbleiben, oder nicht von Dauer sind, liegt der Gedanke nahe, dass bei dieser Krankheit ein Edler Kern mit dabei ist der gesehen und gehört werden will.

Was sich mit Gelassenheit (und verfügbaren gängigen Methoden) erfolgreich behandeln lässt – behandeln.
Was sich nicht mit Gelassenheit erfolgreich behandeln lässt, braucht Mut um es anzuschauen.
Alles andere wird ein Krieg gegen sich selbst und die Krankheit.